Für gestern war ein Treffen mit Jason, einem langjährigen Freund meines Bruders Karl und seiner Frau Pamela geplant. Am Morgen hat es noch geregnet und es war nicht mehr ganz so heiß wie am Tag davor.
Wir wollten uns in Aldershot treffen, das ist eine Endstation einer Linie und mit dem Zug ca. 75 Minuten von Toronto entfernt. Begonnen hat meine erste kanadische Zugfahrt gleich mal bei der Abfahrt mit 15 Minuten Verspätung (Hoffentlich komme ich nicht zu spät zum Treffpunkt …), der Zug drinnen gut tiefgekühlt … die Frau Schaffnerin („Good morning, my name is Jamie …“) begrüßt alle über Lautsprecher und lässt wissen, dass sie im Wagen Nr. 2775 in der Mitte des Zuges ist und entschuldigt sich für die Verspätung. Es kommen immer wieder verschiedenste Durchsagen von ihr. In meinem Waggon (Nr. 225 ganz am Ende des ur-langen Zuges) sitzen auch einige junge Burschen, von denen dann auch einer mal über dem Fenster auf eine gelbe Leiste drückt, die mir erst jetzt auffällt und die es über jedem Sitz gibt. Beim Lesen der Erklärung auf dem grünen Schild bekommt dieser anfangs unscheinbare gelbe Strich jetzt rasch eine andere Bedeutung.
Plötzlich erklingt ein schrilleres Biepen als jenes, wenn sich nur die Türen schließen, kurz darauf über Lautsprecher (übersetzt): „Hier spricht Jamie aus Wagen 2775, ein Sicherheitsalarm wurde in Wagen 225 ausgelöst. Ich bin auf dem Weg“. Kurz darauf kommt unsere Retterin Jamie mit einem vollbepackten lebensrettenden Rucksack inkl. Defribrillator angerannt. Es war schnell klar, dass es zu keiner Lebensrettung kommen wird, worauf Jamie wieder Entwarnung in ihr Funkgerät spricht und wir unsere Reise wieder fortsetzen können. Gut, dass man so sicher unterwegs ist!
Jedenfalls hat uns das weitere 10 Min. Verspätung eingebracht. (Jason wird sicher schon warten …). Kurz darauf wieder eine Durchsage von Jamie (ich hab mich schon an sie gewöhnt …), es gibt eine weitere Änderung: dieser Zug endet nicht in Aldershot sondern in Burlington, das ist eine Station davor, und dass wir mit einem anderen Zug auf einem anderen Bahnsteig weiterfahren werden können (Ob Jason noch warten wird? …) Das Interessante an Burlington und wahrscheinlich an anderen kanadischen Bahnsteigen ist, dass es da nicht eine einzige Anzeigentafel, einen Fahrplan oder sonst irgendeinen Hinweis gibt, wann und überhaupt in welche Richtung ein Zug fährt.
Die Infos werden hier anscheinend noch persönlich über Gespräche weiter gegeben (ich bin grad mal den zweiten Tag da und versteh noch nicht wirklich sehr viel, aber wie ich an den ratlosen Gesichtern und herumirrenden Mitreisenden erkenne, sind sie genauso planlos wie ich). Nachdem auch kein Zug kommt, gibt es nach 10 Minuten eine Durchsage, dass es eine Änderung gegeben hat … Die nächste Verbindung nach Aldershot ist von Plattform 10. Ich steh auf Bahnsteig 3 und 4 und komme von Bahnsteig 1 und 2, sonst gibt es keinen anderen. So muss sich Harry Potter gefühlt haben …. hmmm
Ich laufe aber nicht so wie er gegen eine Wand auf dem Bahnsteig sondern probiere einen anderen Lösungsansatz und suche das Gespräch mit den anderen Menschen („Where is platform 10?“ … „Sorry I have no idea“) Letztendlich stellt sich heraus, dass Plattform 10 am Bahnhofsvorplatz ist und dort ein Bus wartet. Nach einer kurzweiligen Busfahrt erreiche ich dann tatsächlich noch bei Tageslicht Aldershot und siehe da, Jason wartet noch immer und hat sich von der fast einstündigen Verspätung nicht abhalten lassen. Danke Jason!
Wir fahren zu den Niagara Falls und ich bin wirklich schwer beeindruckt, und zwar von den kanadischen Niagarafällen.
… während die amerikanischen gleich daneben fast ein bisschen untergehen.
(Hoffentlich erfährt Donald niemals davon …) Es gibt hier auch ein Besucherzentrum, von dem aus man mit einem Ticket eine „Journey to the Fallls“ machen kann.
Da geht’s mit dem Aufzug runter und man kann hinter den Wasserfällen etwa 200 Meter in einem Tunnel gehen und außerdem kommt man zu einer Aussichtsplattform mit einem wirklich atemberaubenden Ausblick auf die Fälle von unten. Außerdem sieht man auch auf die Boote, mit denen man von unten relativ nahe an die Falls heranfahren kann. Ich glaub das war schon Motiv in relativ vielen Filmen, u.a. hat auch Marilyn Monroe hier schon gedreht. Jedenfalls sind die (kanadischen) Niagarafälle ein sehr beeindruckendes Naturschauspiel!
Wir haben noch ein zweites Ausflugsziel geplant und das ist Fort George in Niagara on the Lake. Fort George stammt aus dem frühen 19. Jahrhundert und hatte eine große Bedeutung während des Kriegs von 1812 mit den USA, wie überhaupt die ganze Gegend hier sehr geschichtsträchtig ist. Geschichtshistorisch gesehen kann ich hier leider keine weiteren (zumindest sinnvollen) Erklärungen abgeben, aber Jason weiß jede Menge darüber.
Kann euch seine Telefonnummer gern weitergeben 😉
Abschließend besuchen wir noch Hamilton, das ist ein kleineres Städtchen (ca. 600.000 Einwohner) ca. 70 km von Toronto entfernt.
Und nach einer diesmal unspektakulären Zugfahrt retour erreiche ich das nächtliche Toronto und bin auf dem Rückweg zu meinem Guest House wieder überwältigt von den unendlichen Hochhäusern hier, die beleuchtet in der Nacht nochmal um einiges beeindruckender sind.